Begegnung mit dem Unfassbaren: Der brennende Dornenbusch

August 15, 2025
Brandstiftung mit Feuerpilz im Freien bei Nacht, Symbol für Zerstörung oder Umweltkatastrophen, düstere Stimmung, dunkler Himmel, ländliche Gegend, dramatisches Szenerie, Umwelt- und Brandgefahr, nächtliches Feuer.

Stell dir vor, du bist in deinem ganz normalen, vielleicht sogar langweiligen Alltagstrott gefangen. Du machst das, was du immer machst. Bei Mose war das: Schafe hüten. Tag ein, Tag aus, in der gleichen kargen Wüste. Eine Aufgabe, die ihn wahrscheinlich immer wieder an sein gescheitertes Leben als Prinz und seinen Absturz erinnerte. Er war ein Mann, der sich eingerichtet hatte, der keine großen Erwartungen mehr hatte. Und dann, inmitten dieser Monotonie, passiert etwas, das alles verändert: Ein Dornbusch brennt lichterloh, doch er verbrennt nicht.

Die Faszination des Unerwarteten

Mose hätte diesen brennenden Dornbusch einfach ignorieren können. Er hätte gedacht: „Wüstenfeuer, schon wieder.“ Aber etwas in ihm war neugierig. Er fragte sich: „Warum verbrennt der Dornbusch nicht?“ Und er beschloss: „Das muss ich mir aus der Nähe anschauen.“ Diese Entscheidung, näher heranzugehen, sich auf das Mysterium einzulassen, ist der Funke, der alles in Bewegung setzt. Mose traut sich, nahe an diesen Dornbusch heran, ohne zu wissen, was auf ihn wartet.

Wie oft gehen wir selbst an solchen „brennenden Büschen“ in unserem Leben vorbei? An den leisen Eingebungen, den kleinen Wundern im Alltag, den unerwarteten Zufällen, die mehr als nur Zufall sind? Sind wir zu beschäftigt, zu abgelenkt oder zu ängstlich, näher hinzusehen? Moses Neugier trieb ihn zur Begegnung mit dem lebendigen Gott, der nicht im Tempel oder Palast wartete, sondern in einem unscheinbaren Busch in der Einöde.

Denn das ist der Moment, auf den die Geschichte gewartet hat. Gott handelt nicht mehr nur im Hintergrund; er tritt auf den Plan und redet. Er thematisiert die Probleme, die Mose schon lange gesehen hat und an denen er selbst gescheitert ist. Gott sieht das Leid seines Volkes Israel in Ägypten, er hört ihr Schreien wegen der Antreiber, er kennt ihre Schmerzen. Und er sagt: „Jetzt bin ich gekommen, um was zu verändern.“ Endlich greift Gott ein in diese unglaublich hoffnungslose Situation der Israeliten.

Und er tut es ausgerechnet mit diesem Mose, der sich noch kurz zuvor überschätzt hatte und nun als Kleinvieh-Hirte dasteht. Uns wird klar: Das ist der Moment, wo das Feuer der Hoffnung in die dunkelste Dunkelheit leuchtet. Es leuchtet hell und es spricht mit ihm. Es ist nicht Moses‘ Stärke, die gefragt ist, sondern seine Bereitschaft, sich von Gott gebrauchen zu lassen.

„Wer bin ich?“ – Die Frage nach der Identität

Dann kommt der unfassbare Auftrag: Mose soll zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten führen. Und wir verstehen Moses‘ erste Reaktion nur zu gut: „Wer bin ich denn, dass ich zum Pharao gehe und die Israeliten aus Ägypten führen könnte?“ Diese Frage – „Wer bin ich?“ – ist ein Kernpunkt, weil sie so tief sitzt. Der stolze Prinz, der Ägypter erschlagen hat, der sich einst für den Retter hielt, ist nun ein gescheiterter Mann, laut Tradition 80 Jahre alt, dessen größter Teil des Lebens hinter ihm liegt. Er fühlt sich wie ein Schafhirte, nicht wie ein Anführer.

Wir kennen diese Gedanken nur zu gut: „Wer bin ich schon?“, wenn wir vor einer großen Aufgabe stehen, wenn unsere Fähigkeiten nicht mehr so glänzend sind, wenn wir gescheitert sind. Oft denken wir: „Hätte ich das mal damals gemacht, vor 40 Jahren, als ich bereit war.“

Doch Gottes Antwort auf diese existenzielle Frage ist die entscheidende Wende: „Ich bin mit dir.“ Das ist keine Antwort auf Moses Identität im Sinne von „Du bist Prinz“ oder „Du bist Retter.“ Es ist eine Zusage der göttlichen Präsenz. Auf die Frage nach unserer Identität ist Gottes Antwort: Ich bin mit dir. Das mag unbefriedigend klingen, ja, es ist keine direkte Antwort auf die Frage. Aber es wird klar: Wir finden erst unterwegs mit Gott heraus, wer wir sind. Wenn die „ganze Nummer“ vorbei ist, werden wir wissen, dass er recht hatte. Wir werden wissen, wer wir sind, wenn wir losgehen, wenn wir auf sein Wort losgehen. Er gibt Mose ein Zeichen: Wenn er das Volk aus Ägypten geführt hat, werden sie an diesem Berg Gott anbeten.

„Ich bin, der ich sein werde“: Gottes ungreifbare Gegenwart

Und dann die Frage nach Gottes eigenem Namen, seiner Identität. Mose fragt scheinbar indirekt: „Was ist, wenn ich zu den Israeliten komme und sie mich dann nach seinem Namen fragen? Was soll ich ihnen dann sagen?“ Doch Gott antwortet mit einer der schönsten Antworten der Erde: „Ich bin der, als der ich mich erweisen werde.“ Das ist „Ehyeh asher Ehyeh“ auf Hebräisch, oft übersetzt mit „Ich bin, der ich bin.“ Für mich bedeutet das: Gott ist nicht statisch. Seine Identität ist nicht etwas, das wir ein für alle Mal erfassen und kontrollieren können. Es ist wie Sand in unserer Hand – je fester wir drücken, desto mehr rinnt er uns durch die Finger. Wir werden wissen, wer er ist, wenn wir ihn kennengelernt haben, unterwegs mit ihm.

Trotz dieser „Unverfügbarkeit“ offenbart Gott seine Heiligkeit („Zieh deine Sandalen aus, denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliges Land“). Das Ausziehen der Schuhe war damals ein Zeichen des Respekts. Er ist der Gott, der unser Leid sieht und eingreifen will. Und gleichzeitig sagt er: „Aber pass auf, auf diesem Weg, wo du noch nicht weißt, wo der genau hinführt… da bin ich mit dir.“ Er ist unser Wegbegleiter, aber auch ein Mysterium. Diese ständige Bewegung zwischen unglaublicher Nähe und krasser Unverfügbarkeit ist das Faszinierendste an Gott.

Wenn dieser Gott, der dieses Feuer ist, der dieser Unverfügbare ist, der dieser Großartige ist, der gestern war und morgen sein wird, wenn der mit uns ist, wer sonst sollte dann unsere Identität bestimmen? Dann ist es egal, ob wir uns wie ein Prinz oder ein Schafhirte fühlen. Unsere Stärken und unsere Schwächen sind nicht unsere Identität, sondern Gott ist es. Unser Leben mit Gott ist das größte Abenteuer. Es macht so viel Spaß und es ist nie langweilig, weil wir jeden Tag neu entdecken dürfen, wer Gott ist, und jeden Tag ein bisschen mehr von ihm erleben dürfen.

Published On: 15. August 2025Categories: Bibel, Exodus, Impulse1030 wordsViews: 157